Ich streckte mich genüsslich im Sonnenlicht. Auf der Lichtung war es schön war und die letzten paar Stunden hatte ich hier ein kleines Nickerchen gehalten, nachdem ich genüsslich eine fette Amsel verspeist hatte. Nun hatte ich mich also satt gegessen und war gut ausgeruht. Es war an der Zeit nach meinem nächsten Großen Abenteuer zu suchen!
Mit stolz erhobenen Schweif stand ich also auf und begab mich tiefer in den nahe gelegenen Wald, bis mich die Duftspur einiger Fremder Katzen erreichte. Neugierig stellten sich meine Ohren auf. In dieser Gegend hatte ich noch nie so viele Fremde Katzen an einer Stelle gerochen. Es reizte mich herauszufinden wie es zu so einer Ansammlung kam. Vielleicht ein Kampf? Hatte sich eine Streunergruppe gebildet? So viele mögliche Situationen liefen durch meinen Kopf und mit einem mal floss Adrenalin durch meinen Körper. Ich beschloss der Sache auf den Grund zu gehen und folgte den fremden Duftspuren vorsichtig.

→ Lager

Mit einem Gähnen taperte ich durch den Wald. Ein wirkliches Ziel hatte ich nicht, aber ich hatte es auch nicht eilig und war noch satt von der Maus und der Amsel, die ich mir vorhin gefangen hatte. Als ich also an einer Lichtung ankam und ein paar Vögel aufflatterten vor Schreck, kümmerte ich mich kaum darum und genoss einfach die Sonnenstrahlen, solange sie noch da waren. Mhh. Morgen würde ich nach Westen wandern, aber für heute taten mir die Pfoten weh. Müde schritt ich zu der Birke, schaute kurz zur Krone hinauf und entfernte mich dann wieder von ihr, um nicht im Schatten zu sein. Auf einem Flecken weichen Grases drehte ich mich ein paar Mal, dann rollte ich mich ein und schon kurz darauf war ich tief und fest eingeschlafen.

<< Nadelgrenze

Frustriert musste ich mit ansehen, wie meine Mutter einfach weiter in den Wald tappte. Was tust du da?, wollte ich sie fragen. Was hast du vor? Wohin bringst du mich? Doch wie immer brachte ich einfach keines dieser Worte heraus, sondern musste stumm bleiben.
Da erkannte ich eine Katze, die etwas weiter vorne lag. Sie schien älter zu sein als meine Mutter und fest zu schlafen. Wer ist das? Kennt Mama sie?
Sie ging näher ran und räusperte sich vernehmlich, nachdem sie mich vor ihre Pfoten fallen gelassen hatte. Ich plumpste hin und bemühte mich, möglichst schnell wieder aufrecht zu stehen.

Mein Schlaf war nicht so erholsam gewesen, wie ich gehofft hatte. Es konnte nur wenig Zeit vergangen sein, in der meine Pfoten im Traum gezuckt hatten, dann vernahmen meine von der Einsamkeit geschärften Sinne Geräusche und weckten mich. Schon bei dem in der Stille der Lichtung recht lauten Räuspern drehten sich meine Ohren nach hinten, und spätestens die Geräusche von Pfoten sorgten dafür, dass ich die Lefzen drohend zurückzog und mich aufrichtete. Der Anblick der beiden Katzen sorgte für ein Kribbeln in meinen Pfoten - zumal mich die scheinbare Mutter direkt ansah.
"Was ist?" brummte ich schlecht gelaunt und gähnte ihr ungeniert ins Gesicht.

Ich bekam die Reaktion meiner Mutter nicht mit, doch ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie jetzt nervös schluckte und ihre Augen umherhuschten. "Hallo", murmelte sie. "Ich bin auf der Suche nach jemandem... der Jura, dieses Junge aufziehen könnte..."
Entsetzt starrte ich sie an. Meine eigene Mama will mich loswerden! Aber warum? Hatte ich etwas falsches getan? Das konnte doch nicht sein! "Ich habe es gefunden... und ich kann nicht gut darauf aufpassen...", flüsterte sie und ich trat einen Schritt von ihr weg, mit einem verletzten Ausdruck in den Augen. Warum lügt sie? Will sie es sich selbst leichter machen, mich loszuwerden?

Mein Blick wanderte von der Mutter zu dem kleinen Fellbündel und wieder zurück, nur damit sich meine Ohren wieder zurückdrehten. Langsam begann sich das Fell auf meinen Schultern zu sträuben.
"Hältst du mich für bescheuert?" fauchte ich ihr mit drohend nach vorne gerichteten Schnurrhaaren entgegen. "Lüg mich nicht an. Welche Mutter schiebt ihre eigene Tochter an eine Fremde ab und behauptet, die Kleine nur gefunden zu haben?" Inzwischen stand ich auf allen Vieren und machte ein paar Schritte vorwärts, um der nervösen Grauen die Nase fast ins Gesicht zu drücken und das Kätzchen zwischen meinen eigenen Pfoten zu beschützen.

Meine Mutter jaulte erschrocken auf, und ich wandte den Blick ab, als sie einige Schritte nach hinten machte. Ich spürte, wie ihre Augen kurz auf mir ruhten, und dann wieder die dunkelbraun gemusterte Kätzin ansahen. "I-Ich kann sie nicht behalten", miaute sie mit tränengefüllter Stimme. "Kannst du auf Jura aufpassen?", fragte sie zittrig.

Es war für mich nicht ungewöhnlich, wie sehr mich diese kleine Geste der Kätzin - das Zurückweichen von ihrem eigenen Jungen - wütend machte. Es stach tief in meiner Brust und ich hätte ihr fast entgegengeschleudert, wie sehr ich mir wünschte, an ihrer Stelle gewesen zu sein, doch etwas anderes schlüpfte mir stattdessen über die Lefzen. Etwas, das genauso drängend und in meinen klaren blauen Augen wahr war.
"Verschwinde von hier", knurrte ich und grub die Krallen in die Erde. "Los, bevor ich dir Beine machen muss. Überall ist dein Junges besser aufgehoben als bei dir."

(I'm so sorry "^^ Blue ist ganz schön grausam)

(Macht nichts, eigentlich passt das perfekt so :))

Ich hörte, wie sich Mama umwandte. Raschelnde Pfotenschritte verrieten mir, wie sie davonrannte - sehen tat ich das allerdings nicht, da ich den Blick zu Boden gewandt hatte. Womit habe ich das verdient?, fragte ich mich. Mag sie mich einfach nicht? Sie hatte mich einer fremden Katze überlassen. Einfach so. Woher wollte sie nicht wissen, dass diese eine Mörderin war?
Ist es, weil ich nicht spreche?, kam mir auf einmal der erschreckende Gedanke.

(dann bin ich ja beruhigt ^^)

Was für ein eigenartiger Tag das war. Gerade hatte ich noch friedlich auf einer Lichtung geschlummert und hatte den Schmerz um meine verlorenen Jungen in den Hintergrund drängen können, da kam auf einmal eine Kätzin an, die ihr Kitten an mich abschob. Mit gebleckten Lefzen sah ich der fliehenden Gestalt noch einen Moment lang hinterher, dann erst fing ich so richtig an zu realisieren, was hier eigentlich passierte - und wo jetzt meine Aufmerksamkeit liegen sollte. Bemüht um etwas Selbstbeherrschung glättete ich mein gesträubtes Fell wieder und trat einen Schritt zurück, um das kleine Bündel besser betrachten zu können.
"So was", murmelte ich mehr zu mir selbst und senkte die Nase, um an der Kätzin zu schnuppern. "Dein Name ist Jura, oder? Ich bin Blue. Tut mir leid, dass du das mit ansehen musstest."

Ich versuchte, mich zu straffen, als Blue mich ansprach. Zwar hatte ich nur mit einem Ohr zugehört, aber ich nickte schwach, als sie mich nach meinem Namen fragte. Wie soll ich ihr erklären, dass ich nicht spreche? Wird sie mich auch verstossen, wenn sie es versteht? Ängstlich sah ich sie an und versuchte, sie abzuschätzen. Sie unterdrückte ihre Wut auf meine Mama und wollte mich gut behandeln... aber ich hatte das ungute Gefühl, dass sie gleich ihre Meinung ändern könnte und ihre Wut einfach rauslassen würde.

Meine Güte, war die Kleine niedlich. Eingeschüchtert und verängstigt, ja - aber auch verdammt niedlich. So sehr, dass mir ganz warm wurde und mich das Bedürfnis packte, auf Jura aufzupassen. Und weil ich nicht gut darin war, meine eigenen Bedürfnisse zu ignorieren, zog ein kleines Lächeln auf meine Lippen und ich leckte ihr beruhigend über das Ohr.
"Du erinnerst mich an meine Tochter", murmelte ich ihr zu und ließ mich auf die Seite fallen, um nach oben in den sich verdunkelnden Himmel zu starren. "Was mach' ich nur mit dir? Ich kann jetzt ja nicht einfach gehen, auch wenn ich eigentlich allein sein will... Aber du wirst sterben, wenn man dich alleine lässt. Du bist noch viel zu klein um für deine Beute zu kämpfen." Eigentlich murmelte ich mehr zu mir selbst, anstatt mit Jura zu sprechen, aber jedes meiner Worte war schließlich auch wahr. Selbst ich hätte in ihrem Alter noch längst nicht jagen lernen können.

Ungeschickt ging ich näher an sie ran, als sie sich hinlegte. Ich ahmte ihre Position nach und sah in den Himmel. Meine Augen weiteten sich, als ich die vielen weissen Punkte sah, und ich streckte die Pfoten aus, um sie zu berühren. Irgendwann musste ich gähnen und blinzelte schläfrig. Meine Gedanken zu Mama versuchte ich zu verdrängen, als ich mich auf die Seite legte und leise einnickte.

Einen Moment lang glitt mein Blick zu dem kleinen Ding hinüber, als sie sich auf mich zubewegte. Sie hatte noch kein Wort gesagt, aber ich an ihrer Stelle wäre wohl auch verstört gewesen - wobei ich mir sicher war, dass ich aggressiver reagiert hätte. Leise schnaufend sah ich wieder in den Himmel und musterte die Leuchtpunkte. Morgen bring' ich ihr jagen bei, überlegte ich noch, dann war Jura auch schon eingeschlafen und ich rollte mich um das Kitten herum und schlief ein.

(timeskip, ich hoffe das ist ok)

Ich wachte auf, als ich merkte, wie mein Magen leise grummelte. Zuerst bewegte ich mich aber nicht und öffnete auch nicht meine Augen - es war so angenehm war. Erst dann merkte ich, dass sich die fremde Kätzin um mich herum gerollt hatte. Ich nieste leise, als ihr Fell meine Nase kitzelte, das war aber auch schon das einzige Geräusch, das ich hervorbrachte.